In unserer Arbeit mit jungen Menschen sehen wir, wie reflektiert und lösungsorientiert viele junge Menschen sind. Wir müssen dieses verantwortungsvolle Mitwirken an der Gemeinschaft stärken, indem das Wahlalter auf 16 gesenkt wird. Hierfür gibt es viele gute Argumente:
a. Wenn man das Wahlalter auf 16 absenkt, dann liegt das durchschnittliche Wahlalter der Erstwähler:innen bei 18 Jahren. Bei einer vierjährigen Wahlperiode läge der Altersbereich zwischen 16 und 20 Jahren, also ergäbe sich ein Durchschnittsalter von 18.
b. Viele Erwachsene kennen sich nicht mit den Details des Wahlsystems aus. Würden wir voraussetzen, dass jede Person genau weiß, was die Erst- und die Zweitstimme für eine Bedeutung haben, dann wäre vor jeder Wahl ein Wissenstest fällig. Dies wird zurecht nicht gemacht. In der Folge ist aber auch das Argument ungültig, dass 16jährige nicht hinreichend Bescheid wissen, wobei das Vorwissen in dieser Gruppe vielleicht sogar höher ist als in der Gesamtbevölkerung.
c. Jugendliche haben in der Pandemie auf vieles verzichtet, um alte Menschen zu schützen. Ihre eigenen Bedürfnisse finden dagegen viel weniger Gehör. Wir müssen ihr Gewicht in Wahlen stärken, damit ihre Bedürfnisse eine größere Rolle spielen.
d. Unsere Gesellschaft altert. Es gibt mittlerweile einen viel höheren Anteil alter Menschen als noch vor wenigen Jahrzehnten. Junge Menschen sind hierdurch schwächer repräsentiert. Auch deshalb muss ihre demokratische Repräsentation stärker gewichtet werden.
e. Eine frühere Einbindung junger Menschen hilft ihnen, sich mit der Demokratie zu identifizieren, da sie sich aktiv einbringen können.
f. Alle Bürger:innen in unserer Gesellschaft dürfen wählen, egal ob sie nun eine geistige Behinderung, demenzielle Erkrankung oder psychische Störung haben. Auch inhaftierte Personen haben ein Wahlrecht. Dies alles ist wichtig, aber wieso gewähren wir dieses Recht dann nicht bereits Menschen ab 16?
g. Manchmal wird agumentiert, dass ein Mensch Steuern zahlen und zur Gemeinschaft beitragen muss, um wählen zu dürfen. Bei Erwachsenen legen wir dieses Kriterium dagegen nicht an, wieso also in der Adoleszenz (zumal viele junge Menschn Steuern zahlen, z. B. im Rahmen von Ausbildung oder Nebentätigkeiten).
h. Junge Menschen im Alter von 16 Jahren haben in fast allen Fällen einen Schulabschluss (mittlere Reife oder Mittelschulabschluss), auch diejenigen, die das Gymnasium besuchen. Sie haben das Wissen, um reflektiert entscheiden zu können.
Mit den gleichen Argumenten, mit denen jungen Menschen das Wählen verwehrt wird, wurden bis 1918 Frauen in Deutschland am Wählen gehindert. Es wird Zeit, die Benachteiligung junger Menschen im politischen System zu beenden und ihnen die demokratische Repräsentanz zu gewähren, die sie verdienen.
Artikel kommentieren