Unsere Landwirtschaft sichert unsere Lebensgrundlage. Unser Dank muss also allen heimischen Bäuerinnen und Bauern gelten. Sie stellen mit ihrer wertvollen Arbeit leckere und gesunde Lebensmittel her, die zudem nicht um die halbe Welt transportiert werden müssen, um auf unseren Tellern zu landen. Im Wandel hin zu Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Tierwohl und Artenvielfalt ist die Landwirtschaft ein zentraler Ansprechpartner. Dieser Wandel kann nur zusammen mit den Landwirten gelingen.
Biolandbetriebe stellen eine besonders umweltverträgliche Form der Bewirtschaftung dar. Ende des Jahres 2022 besuchte ich den Biolandbetrieb Eberth in Prosselsheim, um mich über die Vorgehensweisen und Chancen, aber auch die Risiken, Nöte und Wünsche des Betriebs zu informieren. Der Biolandbetrieb Eberth baut ausschließlich Nutzpflanzen an und kann eine beeindruckende Vielfalt vorweisen. Neben den „klassischen“ Feldfrüchten wie Kartoffeln, Zwiebeln, Zuckerrüben, Dinkel und anderen Getreidesorten, setzt der Betrieb auch auf hierzulande neuere Sorten wie Soja und Kichererbsen. Diese Diversifizierung der angebauten Sorten hilft dabei mit, gegenüber Klimakrise und Turbulenzen der erzielten Preise resilienter zu werden.
Biolandwirtschaft arbeitet mit gezielter Fruchtfolge und einem komplexen, detaillierten Wissen über Wechselwirkungen von Sorten und Bodenqualität, um die Leistungsfähigkeit der Böden zu erhalten oder zu steigern und die Erträge zu sichern. „Düngung in der konventionellen Landwirtschaft ernährt die Nutzpflanzen, Biolandwirtschaft ernährt den Boden“, so Landwirt Eberth. Die Düngung der Böden erfolgt dabei vordringlich über stickstoffbindende Pflanzen wie Luzerne, die dann zudem als Futterpflanzen genutzt werden können.
Im Gespräch mit Christopher Eberth und dessen Vater wurde deutlich, wie viel Wissen notwendig ist, um die komplexen Zusammenhänge in ein optimales Gleichgewicht zu bringen. Gleichzeitig ist ein höherer Personalaufwand notwendig, um die manuelle Unkrautentfernung statt dem Einsatz von Herbiziden zu ermöglichen. Faszinierende neue Technologien ermöglichen es beispielsweise beim Anbau von Zuckerrüben für jede gesäte Pflanze eine Geo-Lokation zu markieren. Moderne Ackermaschinen können durch diese Information zentimetergenau den Boden um die Pflänzchen herum bearbeiten. Schnelles Internet an jeder Milchkanne? Ja, bitte!
Nöte, Sorgen und Wünsche
Landwirtinnen und Landwirte müssen als selbstständig tätige Betriebe wirtschaftlich arbeiten können. Sie stehen mit ihrem eigenen Vermögen für Wetterrisiken und Preisschwankungen an den Märkten ein. Es gibt viele Herausforderungen, die vonseiten der Gesetzgeber, aber auch der Verbraucherinnen und Verbraucher abgemildert werden können:
- Es existiert eine Vielzahl von Zertifizierungslabels. Die Vergabe jedes einzelnen Zertifikats ist mit jährlichen Kosten verbunden. Eine Vereinheitlichung und Reduktion der Labels würde Kosten und Aufwand sparen.
- Es existieren viele fixe Sperrfristen, beispielsweise für Düngung mit Gülle und Silage. Diese orientieren sich nicht an der jeweiligen Wetterlage. Eine Stichtagflexibilisierung in Abhängigkeit der konkreten Wetterlage, mit der Möglichkeit, auf lokaler Ebene Deadlines um wenige Tage zu verschieben, würde die Arbeit der Betriebe erleichtern und Nachhaltigkeit der Bodenbearbeitung steigern. Eine solche Flexibilisierung und Festlegung der Stichtage könnte auf regionaler Ebene durch die zuständigen Landwirtschaftsämter gesteuert werden.
- Zunehmende Dürreperioden in den Sommermonaten erfordern den Aufbau von Wasserreservoirs, und die faire Verteilung der Ressource Wasser.
- Eine Erhöhung des Bioanteils aus regionaler Produktion für Mensen und Kantinen, die sich in öffentlicher Hand befinden, würde Biolandbetrieben mehr Sicherheit geben, da sie sichere Absatzmöglichkeiten hätten.
- Bewirtschaftung muss langfristig geplant werden. Im Falle des Fruchtwechsels ist die Auswahl von Feldfrüchten Jahre im Voraus notwendig. Gesetzesänderungen müssen langfristiger erfolgen, um den Betrieben Planungssicherheit zu geben.
Was Verbraucherinnen und Verbraucher tun können
Gerade im Zusammenhang mit Preissteigerungen im Jahr 2022 drehen Menschen beim Einkauf verständlicherweise jeden Euro doppelt um. Ökologische Landwirtschaft kostet in der Produktion mehr, aber gute Lebensmittel haben ihren Preis und Arbeit sollte fair entlohnt werden. Biolandwirte spüren aktuell den Preisdruck und wir alle sollten uns beim Einkaufen bewusst sein, welchen großen Wert lokal und ökologisch produzierte Lebensmittel haben. Wir sollten deshalb bewusst darauf achten, was wir kaufen und was uns gute Lebensmittel wert sind.
Eine ganz konkrete Möglichkeit besteht aber auch darin, ohne Umweg bei den Betrieben direkt einzukaufen. Beispielsweise hat der Biolandbetrieb Eberth ein Verkaufshäuschen, wo jahresabhängig Feldfrüchte direkt gekauft werden können: Kartoffeln, Zwiebeln, Wassermelonen stehen im Häuschen bereit und werden von den Käuferinnen und Käufern selbst gewogen und bezahlt – entweder bar in die Kasse oder per Paypal! Ich wünsche dem Biolandbetrieb Eberth dabei viel Erfolg und konnte mich bereits davon überzeugen, wie lecker die frisch produzierten Kartoffeln und Zwiebeln schmecken.
Wolfgang Lenhard
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